Die Staatsanwaltschaft als Insolvenzantragsteller

Strafverteidigung war schon immer ein interessantes Aufgabengebiet. Und die Bundesregierung arbeitet fleißig daran, dass es nicht langweilig wird. Bisher war die Insolvenz oft Grund für ein nachfolgendes Strafverfahren. Nun kann das Strafverfahren Grund für die Insolvenz werden.

Nun hat der Bundestag am 24.03.2017 ein „Gesetz zur Reform der Strafrechtlichen Vermögensabschöpfung“ beschlossen.
Sicher, Straftaten sollen sich nicht lohnen. Doch deswegen Angeklagte in die Insolvenz zu treiben, erscheint sehr weitgehend. Der neue § 111i der Strafprozessordnung (StPO) gibt nun der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit auch VOR einer rechtskräftigen Verurteilung eines Beschuldigten/Angeschuldigten/Angeklagten gegen diesen quasi im Namen der Verletzten einer Straftat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.
Dabei kommt es zunächst nicht auf die Zahlungs(un)fähigkeit oder Vermögenssituation des Arrestschuldners insgesamt an. Diese Prüfung übernimmt erst der Vorläufige Insolvenzverwalter, der als Gutachter des Insolvenzgerichts tätig wird.
Bedenkt man, dass

  • dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter ein umfassendes Auskunftsrecht zusteht,
  • eine Restschuldbefreiung bei nicht hinreichender Mitwirkung des Insolvenzschuldners versagt werden kann,
  • die Staatsanwaltschaft Zugriff auf die Feststellungen des Insolvenzverwalters hat,
  • dem Arrestschuldner mit der Insolvenz möglicherweise die Beweismittel und die Finanzen für eine effektive Verteidigung entzogen werden oder seine wirtschaftliche Betätigung vernichtet wird,

so bleibt nur ein Resüme:
Hier steht zu befürchten, das Insolvenzverfahren wird als Mittel der Strafverfolgung instrumentalisiert.

Da ist noch gar nicht die Rede davon, welche verheerenden Konsequenzen allein der Eröffnungsantrag für die Kreditwürdigkeit und das Vertrauen der Geschäftspartner hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft mit diesem Instrument äußerst vorsichtig umgeht, denn ein Entschädigungsanspruch für eine Fehleinschätzung der Staatsanwaltschaft ist nicht vorgesehen.

Wir kämpfen für Ihr Recht.
Strafrecht, Verteidigung, Beratung durch Rechtsanwalt Dils
Rechtsanwalt Tomas Dils
angestellter Anwalt
Anwaltskanzlei Drach & Drach

§ 111i Insolvenzverfahren

(1) Ist einem Verletzten aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird.
(2) Gibt es mehrere Verletzte und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch dessen Verwertung erzielten Erlöses nicht ausreicht, um die Ansprüche auf Ersatz des Wertes des Erlangten, die den Verletzten aus der Tat erwachsen sind und von ihnen geltend gemacht werden, zu befriedigen, so gilt die Staatsanwaltschaft als von den Verletzten ermächtigt, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners zu stellen. Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Steht dem Arrestschuldner aus einer Kostenentscheidung des Insolvenzgerichts ein Anspruch auf Erstattung von Kosten gegen einen Verletzten zu, ist, soweit die Kosten durch einen Antrag der Staatsanwaltschaft nach nach Absatz 2 Satz 1entstanden sind, Schuldner dieses Anspruchs nur die Staatskasse.
(4) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.